Bildhaftigkeit
(Ikonizität) in Gebärdensprachen
(AS, 06/98)
Viele Gebärden ähneln wirklichen Objekten. Sie geben
Eigenschaften wie Größe und Form oder die Handhabung der
Objekte wieder. Solche Gebärden werden als bildhaft (ikonisch)
bezeichnet. Ein Drittel bis zur Hälfte des Wortschatzes eines
erwachsenen Gehörlosen kann als ikonisch beurteilt werden. Klima
& Bellugi (1979) unterscheiden verschiedene Grade der
Bildhaftigkeit:
transparent
(durchsichtig):
Die Beziehung zwischen der Gebärde und dem Objekt ist
für jeden klar erkennbar (auch für Personen, die keine
Gebärdensprache beherrschen). Zum Beispiel die Gebärde
ESSEN (eine Hand, die zum Mund geführt wird) und
SCHLAFEN (flache Hand an der Seite des geneigten Kopfes).
halbtransparent
(halbdurchsichtig):
Die Bedeutung der Gebärde ist nicht so offensichtlich.
Die Beziehung zum Objekt wird jedoch klar, sobald man die
Bedeutung der Gebärde erfährt. Zum Beispiel AUTO (zwei
Hände, die ein Steuerrad bewegen), MILCH (Melken einer
Kuh), FASCHING (Maske vor Gesicht)
Nicht
nur konkrete Objekte, auch abstrakte Inhalte wie zum
Beispiel 'denken', Liebe', 'Angst' können in
Gebärdensprachen ikonisch dargestellt sein: DENKEN
(Finger an Stirn zeigt Ort des Denkens), LIEBE (Hand
liegt auf dem Herzen), ANGST (Finger klopfen auf linker
Brust).
nicht
transparent (undurchsichtig):
Undurchsichtige Gebärden sind keine ikonischen
Gebärden. Der Bezug zwischen der Gebärde und dem Objekt
ist nicht erkennbar. Durch natürliche Prozesse (zum
Beispiel die Vereinfachung der Gebärde) nimmt der
bildhafte Charakter vieler ikonischer Zeichen mit der
Zeit ab.
Literaturangabe:
Klima &
Bellugi (1979): ...
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