ad) Grammatik der Gebärdensprachen
(AS, 06/98)
3.
Kombinationen von Zeichen oder Zeichenteilen:
Gebärden
in Gebärdensprachen werden miteinander kombiniert (= Satzbau). Die
Gebärden werden zeitlich nacheinander gebildet, eine Gebärde
folgt der anderen. Gebärdenteile können auch simultan
(gleichzeitig) miteinander kombiniert sein. Indem
Bausteine gleichzeitig auftreten, kann in eine einzige Gebärde
eine Menge an Informationen gepackt werden. In gesprochenen
Sprachen sind für denselben Inhalt oft mehrere Wörter
erforderlich. Adverbielle Bedeutungen können in
Gebärdensprachen zum Beispiel simultan wiedergegeben werden:
durch
die Mimik:
Aufgeblasene Wangen mit dem Zeichen GEBÄRDEN bedeuten
zum Beispiel, daß man sich viel in Gebärdensprache
unterhält
durch
eine Veränderung der Bewegung:
Eine schnelle bogenförmige Bewegung zeigt
beispielsweise, daß ein Auto schnell in eine Kurve
fährt
Beziehungen
zwischen den Gebärden werden auch oft durch die Verwendung des
dreidimensionalen Raums ausgedrückt. Der
dreidimensionale Raum spielt in der Grammatik der
Gebärdensprachen eine wesentliche Rolle. Folgendes Beispiel soll
zeigen, was damit gemeint ist:
Sitzt
etwa ein Hund unter dem Tisch, so wird dies folgendermaßen
beschrieben:
Der
Tisch wird mithilfe der Gebärde TISCH und einer Zeigegeste
in den Raum gestellt (die Zeigegeste - auch Indexgebärde -
ist eine Zeigefingerhand, die man in verschiedene Richtungen
bewegen kann) oder es wird mit einer Zeigegeste auf den Tisch
verwiesen. Danach wird die Gebärde HUND gebildet.
Zwei sogenannte Klassifikatorhandformen beschreiben daraufhin
die räumliche Anordnung von Tisch und Hund. In unserem Fall
wird jene Hand, die den Hund repräsentiert, unter die andere
Hand, die den Tisch darstellt, bewegt.
(Klassifikatorhandformen geben bestimmte Eigenschaften von
Personen und Objekten wieder, zum Beispiel ihre Größe,
Form, ihre Handhabung, die räumliche Anordnung zueinander,
...).
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