Pädagogik
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Erziehungs- und Bildungskonzepte
Wie bereits
an anderer Stelle erwähnt, sind Pädagogik und
Sonderpädagogik derzeit im Wandel begriffen; das hat
auch Auswirkungen auf Bildung und Ausbildung
hörgeschädigter Kinder.
Die
jahrzehntelang (vor allem im deutschsprachigen Bereich)
vorherrschende Methode der rein lautsprachlichen Erziehung wird
immer mehr hinterfragt - gleichzeitig wird die Forderung nach
einer guten Schreib- und Lesefähigkeit gehörloser Kinder immer
lauter, welche für eine qualifizierte Schul- und
Berufsausbildung unbedingt notwendig ist. Dieses Ziel erscheint
uns am ehesten dadurch erreichbar, daß Gebärdensprache und
Lautsprache gleichermaßen im Grundschulunterricht gehörloser
bzw. hochgradig hörgeschädigter Kinder eingesetzt werden. Das
heißt aber auch, daß Bedarf nach gebärdensprachkompetenten
(gehörlosen) Lehrkräften besteht, daß Unterrichtsmaterialien
und -methoden auf die Bedürfnisse gehörloser/hochgradig
hörgeschädigter Kinder abgestimmt werden müssen und daß in
der Folge in weiterführenden Schulen der Einsatz von
Gehörlosendolmetscherinnen und -dolmetschern selbstverständlich
sein sollte.
Im
Mittelpunkt all dieser Bemühungen muß die intensive
Förderung aller vorhandenen Fähigkeiten des jeweiligen
gehörlosen oder hochgradig hörgeschädigten Kindes
stehen - das wiederum verlangt nach der Akzeptanz seines
Anders-Seins, nach der Berücksichtigung der
daraus resultierenden besonderen Bedürfnisse, nach der Stärkung
seiner Identität. Diese Forderungen schreiben sich
leicht - in der Realität sind sie nicht immer leicht
durchzusetzen; es wird vor allem notwendig sein, hörenden Eltern
eines gehörlosen Kindes entsprechende Hilfestellungen
zu bieten, damit diese alles unternehmen, um ihrem Kind den Weg
in die Welt der Gehörlosen genauso zu öffnen wie den Weg in die
Welt der Hörenden. Aus unserer Sicht ist dazu die bilinguale oder
zweisprachige Methode der Frühförderung am besten geeignet.
Gehörlose
Personen im Bereich der Sonderpädagogik oder Pädagogik sind
noch immer Einzelfälle - das liegt vor allem daran, daß das
Recht zur Ausbildung zwar auf dem Papier besteht, aber in der
Praxis kaum umzusetzen ist. Einer der ersten, die es geschafft
haben, als Gehörloser eine Ausbildung als Sonderpädagoge
abzuschließen, ist Olaf Tischmann; ein Artikel über seine
Erfahrungen ist in der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT vom 27.
September 1996 erschienen und ist in der Österreichischen
Gehörlosenzeitung 4/96 auf den Seiten 10 - 11 nachzulesen.
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