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Frühförderung

Früherkennung der Hörschädigung und gezielte Frühförderung des Kindes haben entscheidende Auswirkungen auf die weitere Entwicklung des Kindes. Denn eine nicht erkannte Hörschädigung führt zwangsläufig zu Problemen mit dem Erlernen der Lautsprache; die Auswirkungen auf das Kind sind gravierend, auch wenn es vorerst nicht so scheint. Setzt allerdings möglichst früh eine entsprechende Förderung des hörgeschädigten Kindes ein, so kann ein großer Teil der Probleme vermieden werden.

Trotz modernster diagnostischer Möglichkeiten ist das tatsächliche Ausmaß einer Hörschädigung beim Baby oder Kleinkind nicht so leicht festzustellen; daran haben auch die inzwischen üblichen Neugeborenen-Untersuchungen im Anschluß an die Geburt nicht wirklich etwas geändert. Vor allem beim ersten Kind entdecken Eltern oft erst relativ spät (meist erst zwischen dem 1. und 2. Lebensjahr), daß ihr Kind auf Geräusche nicht reagiert. Auch wenn sie insgeheim schon lange vermuten, daß ihr Kind nicht gut hört, wird der entscheidende Arztbesuch hinausgeschoben - häufig aus Angst davor, daß sich der Verdacht auf eine Hörschädigung bestätigen könnte. Dadurch geht wichtige Zeit verloren, die für eine optimale Förderung des hörgeschädigten Kindes unter Umständen nicht mehr aufgeholt werden kann.

Daher ein eindringlicher Aufruf an alle betroffenen Eltern oder Erziehungsberechtigten:

Wenn Sie auch nur den leisesten Verdacht haben, daß Ihr Kind auf Geräusche nicht immer erwartungsgemäß reagiert, so lassen Sie sich durch nichts und niemanden davon abhalten und gehen Sie zu Ihrer Hausärztin oder zu Ihrem Kinderarzt!!! Sprechen Sie Ihren Verdacht auf eine Hörschädigung bei Ihrem Kind aus und verlangen Sie eine fachärztliche Untersuchung - oft haben auch Ärztinnen oder Ärzte Probleme damit, den Eltern die Wahrheit zu sagen!

Testen Sie bereits zu Hause wiederholt das Gehör Ihres Kindes: produzieren Sie außerhalb des Blickfeldes Ihres Babys verschiedenartige Geräusche - etwa Händeklatschen, Pfeifen, Trommeln, Fahrradklingeln, Papiersackplatzen - und beobachten Sie die Reaktionen Ihres Kindes. Achten Sie darauf, daß das Kind Sie dabei nicht sehen kann - sonst kann es sein, daß es auf Sie und Ihre Bewegungen reagiert und nicht auf die produzierten Geräusche; die Reaktion wird falsch interpretiert und die Hörschädigung bleibt womöglich unerkannt.

Je eher eine Hörschädigung erkannt wird, desto wirksamer werden entsprechende Fördermaßnahmen sein. Die Art der Frühförderung ist dabei immer von der Schwere der Hörschädigung abhängig. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Methode muß von Ihnen als Eltern getroffen werden. Nutzen Sie daher im Interesse Ihres Kindes alle Möglichkeiten der Information, bevor Sie diese Entscheidung treffen!

Bestätigt sich der Verdacht auf eine Hörschädigung, so ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorherzusehen, ob es dem Kind später mit Hilfe von Hörgeräten möglich sein wird, Lautsprache ausreichend wahrzunehmen und verständlich wiederzugeben. Der Zeitraum zwischen Erstdiagnose und dem Einsatz von technischen Hörhilfen sollte daher so genützt werden, daß dem Kind über alle möglichen Kanäle Informationen angeboten und über konkrete Handlungen vermittelt werden. Stellt sich später heraus, daß das Kind gesprochene Sprache auch mit Unterstützung von Hörgeräten nicht ausreichend verstehen und produzieren kann, wurde keine Zeit für die Entwicklung eines optischen Zeichensystems vergeudet. Denn auch optische Systeme - wie Gebärdensprachen und/oder lautsprachbegleitende Gebärden - sollten so früh wie möglich systematisch eingesetzt werden.

Gerade für ein hörgeschädigtes Kind ist es sehr wichtig, daß sich seine Angehörigen so früh wie möglich mit der neuen Situation vertraut machen. Das ist für hörende Familien oft ein schmerzlicher Prozeß. Dennoch sollten Eltern alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die kommunikative Isolation des hörgeschädigten Kindes zu verhindern:

  • Dazu gehört zuerst einmal das Beachten bestimmter Verhaltensregeln beim Sprechen mit ihrem Kind. Sorgen Sie dafür, daß das Kind Ihr Gesicht gut sehen kann. Schauen Sie Ihr Kind immer direkt an, wenn Sie mit ihm sprechen und vermeiden Sie es, gleichzeitig zu essen oder mit ihren Händen den Blick auf Ihren Mund zu verdecken.

  • Die Versorgung des Kindes mit guten Hörgeräten als weitere Maßnahme ist für eine bessere Wahrnehmung von Umweltgeräuschen zu empfehlen; für die Entwicklung der Lautsprache allerdings bringt die Hörgeräteversorgung hochgradig schwerhörender/gehörloser Kinder meist nicht den erwarteten Erfolg.

  • Daher ist auch die Einbeziehung der Gebärdensprache sinnvoll. Der Kontakt zu anderen gehörlosen Personen kann hörenden Eltern in einer solchen Situation helfen.

Eltern eines hochgradig schwerhörenden oder gehörlosen Kindes müssen sich darüber klar werden, daß der wichtigste Sinneskanal, der ihrem Kind für die Kommunikation zur Verfügung steht, das Auge ist. Eine aktive Kommunikation mit ihrem Kind wird daher vor allem visuell (über das Auge) erfolgreich sein.

Für Nicht-Betroffene scheint ein solcher Schluß "ganz logisch" zu sein - in der konkreten Situation sehen sich hörende Eltern oft in einer fast ausweglosen Lage. Auf der Suche nach der besten Entscheidung für ihr hörgeschädigtes Kind stoßen sie auf verschiedene, teilweise widersprüchliche Meinungen und Richtungen - zum ersten Mal erfahren sie, daß es nicht nur eine Art von Sprache gibt, sondern eine "richtige" und eine "falsche" ...

Behalten Sie in dieser Situation Ihrer Entscheidungsfindung stets den folgenden Satz im Auge:

Richtig ist alles, was der kommunikativen und sprachlichen Entwicklung Ihres Kindes dient; darunter kann die lautsprachliche und/oder die gebärdensprachliche Entwicklung verstanden werden!

In der bisher einzigen Ambulanz Österreichs für gehörlose, hörgeschädigte und ertaubte Personen im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz finden betroffene Eltern kompetente Beratung und Hilfe bei ihrer Entscheidung, den besten Weg für die Zukunft ihres hörgeschädigten Kindes zu finden. Sie erhalten dort umfassende Information von erfahrenen Fachleuten. Kontaktieren Sie dann erst andere betroffene Eltern. Und beachten Sie: nicht alle Erfahrungen und Entscheidungen, die für eine andere Familie richtig waren, müssen auch für Ihre Familie und Ihr Kind richtig sein.

Wenn Sie Bedenken hinsichtlich der Gebärdensprachen haben, sollten Sie wissen, daß zum Beispiel in den USA die Amerikanische Gebärdensprache (ASL) von vielen hörenden Menschen als Fremdsprache gelernt wird. Dort gibt es auch eine eigene Universität für Gehörlose. Warum also sollte sich die Situation nicht auch in Europa ändern?

Noch einen wichtigen Grundsatz sollten hörende Eltern im Interesse Ihres hörgeschädigten Kindes beherzigen, vor allem dann, wenn das Kind hörende Geschwister hat: Behandeln Sie Ihr hörgeschädigtes Kind grundsätzlich nicht anders wie ein hörendes Kind. Natürlich hat ein schwerhörendes oder gehörloses Kind besondere Bedürfnisse, auf die eingegangen werden soll und muß - aber bemuttern Sie es nicht zu sehr und weisen Sie ihm ruhig einen bestimmten Verantwortungsbereich innerhalb der Familie zu. Regelmäßiger Kontakt zu (hörenden und gehörlosen) Kindern und Erwachsenen außerhalb Ihrer Familie sollte selbstverständlich sein.

Und vergessen Sie bei all Ihrer Sorge um das hörgeschädigte Kind nicht, daß auch Ihre hörenden Familienmitglieder in bestimmten Situationen besondere Bedürfnisse haben können ...