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Medizin


Aus medizinischer Sicht wird bei Gehörlosen oder Schwerhörenden immer noch vor allem der physiologische Defekt der
Hörschädigung gesehen, den es zu "reparieren" gilt.

Wird bei einem Kind der Verdacht auf eine Hörschädigung diagnostiziert, so wird durch spezielle Untersuchungen die Art der Hörschädigung festgestellt. In der Folge versucht man, durch entsprechende Frühförderung und den Einsatz von
Hörgeräten wenigstens eine Stimulierung der Hörbahnen und damit eine Aktivierung der entsprechenden neuronalen Verbindungen im Gehirn zu erreichen. Durch zusätzliche kinderärztliche und kinderneurologische Untersuchungen sollen Mehrfachbehinderungen frühzeitig erkannt oder ausgeschlossen werden.

In engem Zusammenhang mit dem Hören steht der Erwerb der Sprache; unter Sprache wird im medizinischen Zusammenhang fast ausschließlich die Lautsprache verstanden. Frühförderung bedeutet daher aus dieser Sicht für ein schwerhörendes oder gehörloses Kind in erster Linie Hör- und Sprechtraining unter zusätzlichem Einsatz von Hörgeräten.

Vor allem im deutschsprachigen Raum immer noch weit verbreitet ist die Ansicht, daß die Gebärdensprache den Erwerb der Lautsprache verhindere. Diese Theorie verliert aber gerade in den letzten Jahren zunehmend an Wirksamkeit. Viele Berater/innen empfehlen den Eltern heute, alle möglichen Kanäle zur Kommunikation mit ihrem hörgeschädigten Kind zu nutzen - auch deshalb, weil bei einem kleinen Kind die Diagnose "Gehörlosigkeit" selbst mit Hilfe modernster Untersuchungsmethoden nicht mit Sicherheit getroffen werden kann. Alle Kanäle deshalb, damit einerseits nicht wertvolle Zeit für die Lautspracherziehung verloren geht und damit das Kind andererseits mit der Gebärdensprache eine ihm entsprechende Sprache zur Verfügung gestellt bekommt, in der ihm die aktive Teilnahme an seiner Umwelt möglich ist.

Die konsequente Förderung der Lautsprache bringt vor allem für jene Kinder einen Vorteil, die später ein Cochlea-Implantat eingesetzt bekommen. Intensives Hör- und Sprechtraining, aber auch regelmäßiges Üben im Schreiben und Textverstehen sind nach einer solchen Operation wesentlich, um aus dem Implantat auch tatsächlich einen Nutzen ziehen zu können. Sollte sich die Operation im Einzelfall jedoch nicht als erfolgreich herausstellen, ist es für das Kind hilfreich, wenn es ganz selbstverständlich auf die Gebärdensprache zurückgreifen kann.

Vor allem aus medizinischer Perspektive und im Hinblick auf die Lautsprache ist es ein Unterschied, ob jemand bereits vor dem (Laut-)Spracherwerb (prälingual) ertaubt ist, oder erst später (postlingual) sein Gehör verliert. Die Altersschwerhörigkeit mit ihren verschiedensten Ausprägungen ist ein weiterer Bereich, mit dem sich Ärztinnen und Ärzte auseinandersetzen müssen. Wir gehen bei unseren Ausführungen meist von der Situation prälingual ertaubter Kinder aus.